Aber genau das habe ich bei unserer Russland-Reise als Doppel-Städtetrip nach Moskau und Sankt Petersburg gar nicht gemacht! Und das merke ich exakt jetzt. Nun gut...
Also nur ganz kurz: Nachdem wir uns schon einige Städte gemeinsam angeschaut haben stand irgendwann mal "Mütterchen Russland" auf dem Programm. Meine Eltern hatten vor einigen Jahren auch so einen Doppel-Städtetrip gemacht und waren hellauf begeistert. Sie hatten damals natürlich eine komplette geführte Reise. Sowas machen wir natürlich eher nicht, da zudem Genia "ein bisschen russisch spricht" (wie ich immer gerne sage), sollte das auch nicht nötig sein. Was so eine Reise von den meisten anderen deutlich unterscheidet ist die Sache mit dem Visum.
Als Europäer kennt man sowas ja in der Regel fast gar nicht und wenn dann doch, bekommt man so ein Touristenvisum meistens direkt bei der Einreise nach Vorlage des Reisepasses. Heutzutage freut man sich ja schon fast über Stempel in so einem Dokument. Hin und wieder muss man vorher etwas aktiv werden (z.B. ESTA für die USA), aber auch sowas in meist mit wenigen Klicks auf Internetseiten erledigt. Für Russland gilt das so natürlich nicht. Man kann nicht "einfach so" dorthin fahren. In ein so tolles Land muss man eingeladen werden. Sowas machen Privatpersonen, Hotels oder wird über Agenturen abgewickelt. Nicht mehr als eine Formsache, aber allein die Beschreibung finde ich schon etwas putzig.
Nun ja, in Bielefeld gibt es diverse Reisebüros, die sich auf Fahrten in ehemalige Sowjet-Republiken spezialisiert haben. Also sind wir an einem einem Samstag (genau gesagt dem 24.03.) zum Kontakt ServiceCenter, um den Kram zu erledigen. Das bedeutete zunächst erst einmal deutlich über eine Stunde warten, bis man dran kommt. Zudem waren wir auch wirklich die einzigen dort, die nicht russisch gesprochen haben.
Schon sehr Klientel-orientiert der Laden, zudem zeigt es auch, dass Russland nicht gerad ein typisches Reiseland eines Mitteleuropäer ist.
Neben der Einladung benötigt man noch zwingend eine Krankenversicherung. Da ich schon eine private Reiseversicherung (bei der UKV) haben, deckte die das mit ab. Ein entsprechendes Schreiben hatte ich entsprechend vorher beantragt. Genia hat eine Auslands-Zusatzversicherung von ihrer Krankenkasse, bei der ist das nicht abgedeckt. Sie musste entsprechend eine Zusatzversicherung abschließen (hat sie direkt vor Ort im Büro gemacht). Dann ist noch der Reisepass und ein zusätzliches Foto nötig und schon kann nach Zahlung von knapp 90€ der Antrag losgeschickt werden. Dauer: Ungefähr 3-4 Wochen. Nach der Zeit kann man seinen Pass wieder abholen, der nun um eine zusätzliche Seite erweitert wurde, die des Visums.
Die Flüge (Düsseldorf-Moskau und Sankt Petersburg-Düsseldorf) und die Bahnverbindung (Moskau-Sankt Petersburg) hatten wir schon länger vorher gebucht, ebenso unsere Unterkünfte. Es konnte also losgehen!
Wer zunächst an allen Fotos interessiert ist. möge hier Klicken:
Sonntag, der 12.08.
Unser Flug sollte um 16 Uhr starten, mit der nötigen Reserve (und zudem daheim auch nichts mehr zu tun) fuhren wir gegen halb 12 los. Erstes Ziel war unser Stellplatz beim Airpark Lohausen. von dort ging es mit dem Shuttle-Service zum Flughafen Düsseldorf.
Nach dem einchecken kam dann mit etwas Verspätung das Boarding unserer Boeing 737 von S7 Airlines. Die Verspätung führte dazu, dass der Flieger seinen Slot verpasste und wir noch länger am Gate warten mussten. Hierbei laufen natürlich nicht die Triebwerke, weshalb auch die Klimaanlage nicht funktionierte. Da es draußen mit etwa 28°C doch ziemlich warm war, wurde es auch in der Kabine langsam ziemlich kuschelig.
Naja, irgendwann durften wir dann doch los und schon wurde es auch wieder angenehmer. Nach etwa 3:20h landeten wir in Moskau auf dem Flughafen Domodewodo. Die Einreise verlief (schön einzelnd und mit strengem Blick in die Papiere) problemlos und nachdem wir unsere Koffer hatten, suchten wir uns zunächst einen Geldautomaten. Die gab es im Terminal zwar in passabler Anzahl, aber bis auf einen (!) funktionierte keiner (defekt oder außer Betrieb). Also wieder Schlange stehen.
Als wir schließlich an der Reihe waren, gab es auch nur max. 5000 Rubel. Damals hatten wir so grob einen Wechselkurs von 73 Rubel für einen Euro, was umgerechnet also gut 68€ waren.
Durch die Wirtschaftssanktionen ist der Rubelkurs in den letzten Jahren ziemlich eingebrochen, zum Vergleich: Bei der Reise meiner Eltern bekamen sie seinerzeit nur rund 40 RUB/€.
Im Endeffekt war das aber mit dem Geld nicht so dramatisch. Man denkt natürlich hier ganz gerne, in Russland ist technisch alles noch etwas zurück (was sicherlich auch für viele Teile des Landes richtig ist, aber nicht für die großen Metropolen), aber natürlich (!) ist Moskau in Sachen bargeldloses Bezahlen, wie eigentlich jedes andere Land, deutlich weiter als Deutschland.
So hatten wir zwar unsere Rubel, konnten aber die Zugtickets schön mit Kreditkarte bezahlen.
Der Zug selber war quasi nagelneu, hatte natürlich WLAN an Board und brachte uns in etwa 40 min in die City. Das soll in diesem Fall der Bahnhof Paveletskiy bedeuten, direkt an der Metro-Station Paveletkaya am inneren Metro-Ring.
Überhaupt die Metro. Die sollte mich doch an jedem Tag wieder aufs Neue begeistern. Ich kenne ja schon so diverse U-Bahnen (Berlin, Paris, Rom, Stockholm, New York, usw.), aber die Moskauer Metro ist dann doch noch einmal eine andere Nummer! Moskau "streitet" sich mit Tokio zusammen um die meist genutzte Metro weltweit. Das bedeutet rund 8 Mio Fahrgäste am Tag! Zum Vergleich: In Berlin sind es gut 500.000 am Tag. Einfach irre, was hier an Menschen durch die Tunnel geschleust werden. Dazu die Schönheit der Station, alleine die sind schon eine Reise für sich wert. Für Interessierte: Hier ist eine komplette Liste der Stationen.
Von der Nahverkehrsbahn ging es nun also mit der Metro weiter, oben im Eingangsbereich kauften wir uns ein Wochenticket (in Form einer Chipkarte) für umgerechnet gut 12€ und fuhren dann mit der Ringlinie 5 einen Halt weiter bis zur Station Taganskaya. Ab hier hatten wir noch knapp 10min Fußweg bis zu unserem Quartier, dem Mini-Hotel Entrance N2. Beim Einchecken waren dann erst noch ein paar Formalitäten notwendig. Als Tourist muss man bei der Behörde gemeldet sein, sowas erledigt im Normalfall, wie bei uns auch, das Hotel. Dazu gibt man wieder den Pass ab und bekommt ihn dann nach Anmeldung (bei und am nächsten Tag) zurück. Darin befindet sich dann ein Registrierungszettel mit Stempel, den man bei der Ausreise abgibt. Sowas kannte ich immerhin schon von unserer Karpatentour aus der Ukraine.
Danach ging es in unser kleines Zimmerchen, dann unter die Dusche und bald ins Bett. Als Abendessen dienten noch so einige Knabbersachen aus unseren Koffern.
Montag, der 13.08.
An diesem ersten Tag sollte es natürlich gleich mal zum Herzen von Moskau gehen, dem Kreml. Am Rande dazu: Ein Kreml gibt es in vielen Städten, es ist im Prinzip die befestigte Altstadt, eine Art Zitadelle. Wir gingen also zur Metro und fuhren mit der Ringlinie und danach mit der 1 Richtung Roten Platz. An der Oberfläche fanden wir uns direkt vor dem berühmten Bolschoi-Theater wieder. Überall in Moskau kann es zudem nicht weit zu irgendwelchen Statuen sein, so auch hier. Direkt gegenüber war eine Art große Büste von Karl Marx.
Nicht weit von hier kamen wir dann von der Seite zum Roten Platz. Nun war auch ein Panoramafoto angesagt.
Ein Schlendern über diesen großen, beeindruckenden Platz fiel also aus, es war dann eher ein vorbeiquetschen an den Absperrungen an der Längsseite des Kaufhauses Gum. Auch das Lenin Mausoleum war nicht zugänglich.
Am anderen Ende angekommen standen wir bald vor der wunderschönen Basilius-Kathedrale. Da wollten wir natürlich auch gleich rein. Vorher natürlich schnell noch ein Panoramabild.
Als Genia die Tickets orderte, wurde sie erst nach russischen Tickets gefragt und erst durch die überraschte Nachfrage der Verkäuferin bekamen wir dann 2 Touri-Tickets. Die Preise waren auch so noch durchaus fair und wir wusste ja zudem nicht, ob wir beim Eingang nicht noch kontrolliert würden. Genia war zumindest ganz happy, dass ihr russisch wohl nach wie vor muttersprachlich rüber kam. Nach einer kleinen Sicherheitskontrolle konnten wir dann auch in die Kathedrale.
Das war dann nach dem abgesperrten Platz die nächste Enttäuschung. Natürlich gibt es größere Kirchen, aber irgendwie erwartet man eine große und prachtvolle Haupthalle. Nicht so hier. Das ganze Gebäude besteht im Innern aus einer Ansammlung zahlreicher einzelner, kleinen Kapellen. Unter jedem der zahlreichen Türmchen befindet sich so eine, die meisten deutlich höher als lang oder breit und immer durch einen Altar samt riesiger Heiligenbild-Rückseite. Die waren auf ihrer eher düsteren Weise sicher imposant, aber die ganzen Räumlichkeiten eher eng und klein. Keine Ahnung, wie viele einzelne Kapellen wir durchschritten, aber irgendwann waren wir verblüfft wieder draußen. In der Tat eine ganz andere Art von Kirche.
Direkt gegenüber lag dann der Erlöserturm (Spasskaya Bashnya), der höchste der zahlreichen Türme am Kreml, mit einem Eingang zum Innenbereich. Also gleich mal dorthin. Wegen der Aufbauarbeiten war der direkte Weg quer rüber gesperrt, wir mussten erst ein gutes Stück runter zur Moskwa, um an der anderen Seite wieder zum Turm zu kommen. Wieder oben angekommen sahen wir dann, dass hier nur ein Ausgang aus dem Kreml ist und kein Eingang. Uns ging es dabei wie vielen anderen. Hätte man ja mit einem Hinweisschild unten am Anfang des abgesperrten Weges verhindern können.
Naja, der Eingang befindet sich jedenfalls auf der komplett anderen Seite, also einmal um die ganze Kremlmauer herum. Immerhin eine öffentliche Toilette gab es hier....
Um nicht die ganze Zeit neben der hohen Mauer und der vierspurigen Straße zu gehen zu müssen, wollten wir die Moskwa-Seite wechseln. Da war die Straße zwar nicht kleiner, aber der Ausblick (eben auf den Kreml) besser. Auf der Brücke gab es noch ein Panoramafoto.
Von hier konnten wir auch das erste mal Moskau City richtig erkennen, das relativ neue Geschäftszentrum mit seinen zahlreichen spektakulären Hochhäusern. Da sollten wir die Tage noch hin kommen.
Nachdem wir nun komplett um das ganze Kremlgelände herum gelaufen waren, konnten wir nun endlich auch den Eintritt zahlen und nach kurzer Wartezeit das Gelände betreten. So langsam haben wir auch einen kleinen Einblick in den Verkehr bekommen. Abseits der kleinen Nebenstraßen scheinen 4 Spuren hier das absolute Minimum zu sein, es geht dann auch mal hoch bis 12 Spuren. Und Tempo 50.... naja, darf auch gerne mal doppelt so schnell sein, wenn es der Platz her gibt.
Nachdem die Sicherheitsschleuse passiert war, kamen wir nun zum "inneren Kern" Moskaus.
Im Kreml angekommen erscheint es von innen ähnlich imposant wie von außen. Das ganze Gelände umfasst etwa 27,5ha. Größe, prachtvolle Gebäude und riesige, weite Plätze lösen sich ab. Dazu eine ganze Sammlung an Kathedralen in einer Mischung aus Präsidentensitz und Freilichtmuseum.
Wir gingen an der großen Zarenkanone und der Zarenglocke vorbei zum Platz zwischen all den Kirchen. Vor manchen gab es lange Schlangen, vor anderen wieder nicht. Ganz generell konnten wir den hiesigen Tourismus schnell grob einschätzen, was sich im weiteren Verlauf der Reise bestätigen sollte. Der Großteil der Gäste kommt wohl aus Russland selbst, gefolgt von den anderen Ex-Sowjetstaaten und dann sehr vielen Chinesen. Westeuropäer sind doch eher eine kleine Gruppe in dieser Mischung.
Es war wieder Zeit für eine Panoramaaufnahme.
Nachdem wir eine kleine Pause gemacht hatten, gingen wir dann in die Erzengel-Michael-Kathedrale. In dieser wurden sehr viele frühere Herrscher Russlands (fast alle Zaren vor Peter dem Großen) bestattet.
Wie schon die Kathedrale auf dem Roten Platz war auch diese von Innen eher düster-bunt. Aber zumindest gab es hier den großen Kirchenraum, der allerdings durch die ganzen Gräber ziemlich voll gestellt war. Die restliche Platz wurde von den Besuchern eingenommen, eine recht enge Angelegenheit. Danach gingen wir gegenüber in eine weitere Kirche, die beherbergte aber wieder "Kammern" mit kleinen Ausstellungen. Also raus und auf den großen Hauptplatz.
Hier gab es dann so eine Art Hauptstraße, die man an zwei breiten Zebrastreifen überqueren konnte. Aber bitte auch nur dort, darauf wurde man bei Missachtung schnell durch Pfeiffenpfiffe des Sicherheitspersonals hingewiesen. Also schnell ein Panoramafoto!
Wir schlenderten noch ein wenig durch die Grünanlagen, machten noch ein Päuschen und verließen dann diese beeindruckende Anlage wieder.
Wir kamen durch den Ausgang, den wir anfangs für den Eingang hielten und auf unserem Weg zurück zur Moskwa kamen uns die ganze Zeit zahlreiche Menschen entgegen. Wahrscheinlich alle in der Annahme, sie kämen zum Eingang...
Auf unserem ersten Weg über die Brücke hatten wir schon eine Aussichtsplattform (schwebende Brücke) gesehen, die in A-Form halb über den Fluss ragte, das sollte unser nächstes Ziel sein. Auf dem Weg dorthin ging es durch ein komplett neu angelegtes Areal, dem Sarjadje-Park.
Von hier kann man sehr schön schon eine der Sieben Schwestern sehen (das Apartmenthaus) , jene Ostblock-Prunkbauten, die es in vielen Hauptstädten der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten gibt. Da war es auch wieder Zeit für eine Rundum-Aufnahme.
Auf dem Fußweg dorthin kamen wir dann (ungeplant) an der Hauptsynagoge vorbei. Da wollten wir dann natürlich auch direkt mal rein schauen. Unerwartet war für mich dabei als erstes die Sicherheitsschleuse, besonders interessant fanden die Wachleute dabei meine 360°-Kamera. Sowas kannten sie nicht und ließen es sich von Genia erst einmal genau erklären.
Bevor ich aber in den Hauptraum gehen konnte, wurde ich erneut aufgehalten und mir eine (Leih-)Kippa gereicht. Ohne Kopfbedeckung wird hier kein Gebetsraum betreten. Anscheinend wäre meine andere Kappe auch OK gewesen, daran dachte ich in dem Augenblick aber nicht.
Wir schauten uns in allen (öffentlichen) Bereichen um und dann kam die zweite Verwunderung: In einem Seitebereich stand doch tatsächlich ein Geldautomat!
Ich musste direkt an die alten Vorurteile der (Ur-)Elterngeneration mit der "Nähe" von Juden zu Geld denken. Damit ist wohl eine generelle (?) Geschäftstüchtigkeit gemeint.
Naja, der Automat kam uns dann ganz gelegen und schon konnten wir unseren Weg fortsetzten.
Wir kamen dann noch an der weißrussischen Botschaft vorbei bis wir uns dann doch wegen der inzwischen schmerzenden Füße dazu entschlossen, das letzte Stück des Weges mit der Metro abzukürzen, bis wir am Roten Tor ankamen.
Früher war das Gebäude Sitz des Ministeriums für Verkehrsbau, heute hat u.a. ein Moskauer Stadtbauunternehmen seine Büros hier. Nicht weit von hier entfernt liegt der Leningrader Bahnhof, von dem wir am Ende der Woche dann zu unserem zweiten Ziel Sankt Petersburg aufbrechen werden. Da wir schon mal da sind, können wir uns gleich mal die Örtlichkeiten ansehen. Da die Sache mit dem Laufen inzwischen wirklich keinen Spaß mehr machte, fuhren wir wieder eine Station mit der Metro. Das Ticket sollte sich doch auch lohnen! Und zudem lohnen sich die schönen Stationen auch immer.
Aus der Erde heraus kommt man zu einem imposanten Verkehrsknotenpunkt, dem Komsomolskaja-Platz. Riesige Straßen, ein kleiner Platz mit Denkmal und gegenüber des Leningrader Bahnhofs befindet sich gleich die nächsten Zugstationen, der Kasaner und der Jaroslawer Bahnhof. Letzterer ist übrigens Ausgangspunkt der Transsibirischen Eisenbahn.
Wie die meisten Metropolen verfügt auch Moskau über diverse Bahnhöfe, die hier nach ihren primären Zielen benannt sind. Alle enden am Rande der ursprünglichen Innenstadt, also ganz ähnlich wie z.B. in Paris auch.
Wir schauten uns in dieser ziemlich trubeligen Umgebung etwas um und auch kurz in "unseren" Bahnhof. Die Anzeigen verdeutlichten schnell, dass wir hier richtig sind. Alles gut, hatten wir das nun auch einmal gesehen. So langsam hatten wir ordentlichen Hunger bekommen und so gingen wir gegenüber in Richtung eines Einkaufszentrums, da sollte wohl etwas zu bekommen sein. In einer Unterführung wurden wir dann mit dem Stolovaya Pivnaya-Kafe auch fündig. Der Landen war schon eine etwas abenteuerliche Mischung. Der Name wäre laut Genia ukrainisch, innen arbeiteten allerdings nur Menschen aus dem asiatischen Raum Russlands bzw. der ehemaligen Sowjetunion (für den Mitteleuropäer optisch wohl am verständlichsten als mongolisch zu bezeichnen), dazu gab es live Gesang über eine eher überdimensionierten Anlage einer blonden Russin, die von Instrumentalkonserve aus ihrem Notebook unterstützt, mir unbekannte Lieder zum Besten gab.
So eine Art Schnellrestaurant kannte ich bisher zumindest auch noch nicht. Da wenig los war, wurden wir am Self-Service von der Köchin prima beraten. Sie erklärte jede Art der Speisen, die Genia noch nicht kannte und so suchten wir beide uns einen leckeren Teller zusammen. Dazu gab es ein großes, frisch gezapftes Bier (hatten nur Heineken) für mich. Im vorderen Bereich war es dank der Musik viel zu laut, so setzten wir uns ans andere Ende. Hier bestand die Einrichtung aus schweren und massiven Holztischen und Stühlen/Bänken. Dazu waren in den einzelnen Sitzbereichen dann Bilder direkt an die Wände gemalt, die eher an Tirol erinnern. Definitiv waren zumindest Alpenpanoramen zu sehen. Crazy...
Naja, das Essen schmeckte und nachdem wir uns gestärkt hatten war es wirklich langsam an der zeit, zurück zum Hotel zu fahren. Für diesen Tag hatten wir wirklich genug gesehen und die Füße hatten auch schon lange keine Lust mehr. Also schnell wieder rüber zur Metro, die dortige Station Komsomolskaja der Ringlinie ist zudem auch eine der schönsten Metro-Bahnhöfe in Moskau.
Zurück an unserer Station Taganskaja gingen wir dann mit eher schleppendem Schritt zunächst noch zu einem Supermarkt bei unserem Hotel um die Ecke. Wir wollten zunächst mal ordentlich Frühstücksverpflegung, Getränke und Kekse etc. für unterwegs kaufen.
Wir waren wirklich heilfroh, als wir endlich in unserem Zimmer waren und die schmerzenden Füße hochlegen konnten.
Dienstag, der 14.08.
Der Tag begann nach der Morgentoilette erst einmal mit einem schönen Frühstück. Unser Hotel/Hostel verfügte über eine sehr geräumigen, voll ausgestatteten Küche mit großen Tisch samt zahlreicher Stühle. Nach der Stärkung machten wir uns wieder auf den Weg.
Ich merkte sehr schnell, dass sich mein linker Fuß von den Strapazen des Vortages prima erholt hatte, der rechte aber nicht so wirklich. Besonders die Hacke schmerzte nach wie vor.
Unser erstes Tagesziel war der Arbat, eine Straße und Szeneviertel im historischen Zentrum von Moskau. Genia zog es besonders zur Zoi-Mauer, einer Gedenkplatz und Treffpunkt der Fans von Wiktor Zoi. Wie den meisten Westeuropäern sagte mir der Name so gar nichts, aber in den ehemaligen Sowjet-Republiken war er ein Riesen-Jugendidol, der durch eine tragischen Unfall früh verstarb. Ich nannte ihn, nachdem ich von Genia eingeweiht wurde, immer ihren Jim Morrison. Gewisse Parallelen sind da durchaus zu erkennen...
Zunächst ging es wieder mit der Ringlinie bis zur Station Kiewskaja, auch eine sehr sehenswerte Haltestelle. Wie der Name schon andeutet, befindet sich in der Nähe der Kiewer Bahnhof und passend dazu gibt es an einem Bahnsteig auch eine Gedenktafel, auf dem die ukrainisch-russische Freundschaft beschworen wird. Ist ja aktuell auch eher ein schwieriges Thema...
Wir stiegen um und fuhren weiter mit der Linie 3 bis zur Station Smolenskaja, dem Beginn des Arbat. Aus der Erde entlassen wurden wir durch einen imposanten Kuppeleingang zur Metro. Hier hatten wir zudem direkt den Blick auf eine weitere der sieben Schwestern, dem Wohnhaus am Kudrinskaja-Platz. Wir gingen (bzw. ich humpelte mehr) die Straße entlang und fanden bald die Zoi-Mauer.
Nach einer kleinen Pause ging es weiter und hier an der Straße fiel mir zum ersten mal besonders auf, wie hier die üblichen amerikanischen Fastfoodketten so beschriftet sind. Bei uns gibt es ja nur das Standardlogo. Hier mit üblicher kyrillischer Schrift ist das natürlich für Einheimische schlecht lesbar, also gibt es die Namen auch immer noch in Russisch. Lustiger weise sind die von der Optik exakt an das Original angelehnt und im Prinzip in einer Art Lautschrift geschrieben.
Da das Wetter gut war und Laufen eh nicht so dolle lief, wollten wir mal schauen, ob wir den Nachmittag nicht mit einer Moskwa-Flussfahrt verbringen konnten. Die meisten dieser Ausflugsschiffe starten am Gorki-Park, also machten wir uns auf den Weg eben dort hin. Also wieder in die Metro mit der Linie 1 bis zur Station Kulturpark. Von hier war es nur noch kurz über eine Moskwa-Brücke bis zum Eingangsbereich. Dort in der Nähe pausierte ich meinen schmerzenden Fuß, während Genia sich bei den Tickethäuschen erkundigte.
Bis zur Abfahrt mussten wir dann noch gut 1,5h warten, dazu suchten wir uns eine schöne Bank etwas weiter im Grün des Parks. Dann ging es endlich los, wir hatten Tickets für eine ausgedehnte 3h-Tour. Die Schiffe fahren zunächst flussaufwärts (also aus der Stadt heraus), drehen dann in Höhe des Hotel Ukraine (eine weitere der sieben Schwestern) mit Blick auf Moskau City und fahren dann zurück bis am Kreml vorbei und wenden dann nahe der schwebenden Brücke (auf der wir am Vortag waren)..
Die Moskwa windet sich in zahlreichen Bögen durch das Stadtgebiet, südlich des Flusses fährt man lange zeit an weitläufigen Grünanlagen vorbei die sich von den Sperlingsbergen bis zur Moskwa ausstrecken. Zeit für ein Panoramafoto am Achterdeck des Schiffes.
Dort oben befindet sich auch die Lomonossow-Universität, das imposante Hauptgebäude (die Größte der "Schwestern") kann man direkt von unten allerdings nicht erkennen. Auf der anderen Seite befindet sich das Luschniki-Olympiastadion, welches erst 2 Monate vorher Final-Spielort der WM war. Vorbei ging es an zahlreichen prachtvollen Bauten, in denen teilweise auch Ministerien untergebracht sind.
Schließlich erreichten wir das Hotel Ukraine und damit unseren Wendepunkt. Genau hier war es wieder Zeit für ein Panoramafoto!
Irgendwann passierten wir unseren Startpunkt und fuhren nun weiter zum Zentrum, die Prunkbauten wurden dabei natürlich auch nicht weniger.
Es ging an der riesigen Statue von Peter dem Großen (Offiziell ein Denkmal zur 300. Jahresfeier der russischen Marine) vorbei, die mit 96m Höhe zu den größten der Welt gehört. Sonderlich populär ist dieses perspektivische Desaster übrigens nicht. Aber nun gut, jetzt steht es halt.
Es folgte die Christ-Erlöser- Kathedrale, ein von 1995-2000 originalgetreuer Nachbau der eigentlichen Kathedrale, welche unter Stalins 1931 gesprengt wurde, um an der Stelle den gigantischen Palast der Sowjets zu errichten. Genauso wie die die größenwahnsinnigen Germania-Pläne der Nazis einige Jahre später wurde daraus allerdings nie etwas.
Kurz darauf passierten wir die schwebende Brücke und erreichten den zweiten Wendepunkt. Erneut konnten wir die Aussicht auf "unsere" erste Schwester genießen, nun noch etwas näher dran und vom Wasser aus.
So langsam ging es nun zurück zum Startpunkt der Flussfahrt, die sich wirklich gelohnt hat! Tolle Ausblicke auf zahlreiche Sehenswürdigkeiten der Stadt, ohne in unmittelbarer Nähe von viel befahrenen Straßen samt Verkehrslärm zu stehen. Bei der Fahrt haben wir aber auch noch einmal gemerkt, wie unglaublich riesig diese Stadt ist. Auf unserer dreistündigen Rundfahrt haben wir nicht einmal den Innenstadtbereich Moskaus verlassen.
Unterwegs hatten wir dann noch beschlossen, nach der Beendigung der Fahrt nach Moskau City zurück zu kehren, um uns die Stadt mal etwas von oben anzusehen.
Zunächst aber gingen wir noch einmal quer durch den Gorki Park, schließlich wollten wir von dem Park noch etwas mehr sehen als nur direkt das Moskwa-Ufer. Wirklich schön und hier war auch ordentlich was los! Aber das ist wohl bei allen Grünanlagen bei solchen Mega-Städten normal. Auf der anderen Seite kamen wir zur Metro-Station Oktjabrskaja an der Ringlinie. Mit der fuhren wir wieder bis zur Umsteigestation Kiewskaja, um dort in die Linie 4 zu wechseln. An der Station Vystavochnaja hatten wir unseren Zielpunkt erreicht: Moskau City.
Wenn man die Bahnstation unten verlässt und dann senkrecht nach oben zu den Wolkenkratzern schaut, ist das schon ziemlich beeindruckend.
Was in den 1990er Jahren Frankfurt für die europäische "Hochhausszene" war und die 2000er dann London, ist Moskau seit den 2010er Jahren. Von den 5 höchsten Gebäuden Europas stehen 4 hier (das allerhöchste ist seit Anfang 2018 in Sankt Petersburg, dazu dann aber an anderer Stelle mehr). Übrigens stehen aus der europäischen Liste von den 23 höchsten Gebäude noch 9 weitere hier. Also ein Hochhausviertel, der außerhalb von Asien und Nordamerika seinesgleichen sucht.
Direkt vom Ausgang der Metro-Station kamen wir an eine breite Treppe, die seitlich vom Evolution Tower nach oben führte. Auch wenn dieses Gebäude gar nicht so hoch (255m) ist, ein irrer Anblick durch die Versetzung von 3° je Stockwerk ist es allemal. Insgesamt ist das Haus auf voller Länge/Höhe um 156° verdreht. Oben an der Treppe standen wir dann aber vor einem Bauzaun, der direkte Weg ins Zentrum des Viertels war versperrt. Und natürlich gab es hier kein Schild, wo man nun lang gehen sollte. Genia fragte einen Bauarbeiter, der konnte ihr aber auch nur den Hinweis geben, das es wohl irgendwo außen herum gehen wird. Tja, das kannten wir ja schon vom Kreml.
Wir kämpften uns dann an der Hauptstraße samt zahlreicher riesiger Parkhäuser nahe der Moskwa entlang und fanden dann irgendwie einen Weg hindurch. Wie in solchen Geschäftsvierteln üblich gab es unten an allen Hochhäusern stylische Bars und Restaurants, alles aber in recht steriler Umgebung.
Durch eine große Passage führte uns unser Weg zum höchsten der Gebäude, dem Federazija. Eigentlich zwei einzelne Häuser, uns interessierte aber natürlich der große, 374m hohe Turm. Dieser verfügt über 95 Etagen, das Aussichtsdeck befindet sich allerdings im 89. Stock, der obersten Etage, bei der man innen rund ums ganze Gebäude gehen kann. In dieser Passage konnten wir an einem Schalter schon das passende Ticket kaufen. Ich weiß den Preis jetzt nicht mehr, aber es lag doch deutlich unter den Eintrittspreisen der bekannten amerikanischen Hochhäuser. Aus der Passage heraus gingen wir in unser Zielgebäude mit großem, über mehrere Etagen hohem Eingangsportal. Dort gab es eine kleine Sicherheitsschleuse und danach landeten wir für kurze Zeit in einem kleinen Wartebereich. Von dort wurden wir dann abgeholt und zum entsprechenden Fahrstuhl gebracht. Dann ging es los in die Höhe.
Oben angekommen konnte man wirklich die Aussicht in jede Richtung prima genießen, rundherum raumhohe Fenster. Die Etage war gut besucht, aber es war nicht zu voll. Neben der Aussicht gab es noch mehrer kleine Bars/Bistros und auch eine Kinderspielecke.
Wir gingen natürlich einmal um das ganze Deck herum und dabei machte ich auch noch zwei Rundumpanoramen.
Ganz lustig war von hier der Blick auf das Nebengebäude Oko Tower 1, bis zur Fertigstellung des Federazija (in dem wir waren) 2017 das mit 354m (und 85 Etagen) höchste Gebäude Europas. Dort befindet sich nämlich eine Aussichtsplattform ganz oben auf dem Dach. Und das ist dann eben doch noch etwas höher als unsere 89. Aussichtsetage. Und genau in unsere Richtung stand in großen Buchstaben etwa sowas wie "Hier geht es noch etwas höher".
Naja, abgesehen von dem Wind-/Wetterschutz hatten wir aber wohl doch den etwas bessern Rundumblick, weil dieses Gebäude zentraler steht.
Ein kleines Video nahm ich dabei auch noch auf.
Und natürlich wollten wir später noch auf die andere Seite der Moskwa, um einen abendlichen Blick auf dieses Viertel werfen zu können. Unten angekommen fanden wir dann sehr schnell einen Metroeingang, der einen unter die Baustelle herführte, welche wir auf dem Hinweg noch aufwendig umgangen hatten. Tja, wieder die Sache mit den Schildern, hätten wir es geahnt.
So kamen wir schnell zur Brücke über den Fluss, der zudem gleich mit einer Einkaufspassage bebaut war, natürlich genauso neu wie das ganze Viertel.
Wieder ein kleiner lustiger Erkenntnisgewinn: Hier führten Rolltreppen hoch zur Brücke und als wir eine betraten, dachte ich zunächst, sie wäre kaputt. Einfach, weil sie so langsam fuhr. So langsam wie die meisten Rolltreppen bei uns zuhause. Also überhaupt kein Vergleich zu den ewig langen Modellen, die in die tiefen Metro-Stationen hinunter führen. Bei denen muss man sich schon fast festhalten, weil man so beschleunigt wird! Beim Ausstieg musste ich dann doch etwas schmunzeln, prangerte doch das Thyssen-Krupp-Logo auf dem Boden. Also ja, das Teil war wirklich so langsam wie daheim, weil sie eben auch daher kam...
Hier kamen wir dann an einem Pizzaladen vorbei, eine Filiale der amerikanischen Papa John's Kette, natürlich auch wieder mit auf kyrillisch angepasstem Logo. Hier machten wir es uns gemütlich und wurden super nett von der Angestellten bedient, sogar bis an den Platz. Sie plauderte gerne noch etwas (wie waren gerade die einzigen Gäste) und war über Genias russisch sehr froh, nachdem ihr englisch doch noch ziemlich ausbaufähig war.
Unser Pizzen schmeckten prima und zu einem weitern Bierchen konnte ich meinen hinkenden Fuß noch etwas schonen. Wirklich besser ist der im Laufe des Tages trotz der langen Ruhepausen nämlich auch nicht geworden. Zudem wollten wir natürlich den nächtlichen Blick auf die Skyline sehen, somit hatten wir es auch nicht übertreiben eilig. Wobei wir hier im Gebäude ohne Außenfenster den aktuellen Zustand des Tageslichts eh nicht einschätzen konnten. Irgendwann verließen wir die Räumlichkeiten und kamen ziemlich passend draußen an.
Hier auf der anderen Moskwa-Seite war eine richtige kleine Promenade mit großartigen Blick über den Fluss auf die hohen Häuser!
Es war auch ganz gut was los hier, es gab mehr als genug der inzwischen an solchen Spots üblichen Instagram-Tussies, die sich vor dem Panorama in Pose warfen. Ganz wichtig dabei: Sie sind grundsätzlich selber immer das Hauptmotiv.
Nachdem wir den Anblick eine ganze Zeit lang genossen hatten, machten wir uns dann mal auf den Rückweg. Auf das letzte Stück Fußweg von unserer Metro-Station zum Quartier hätte ich dann wirklich verzichten können, ein lahmender Esel war inzwischen im Vergleich zu mir eine Rakete. Was war ich froh, als wir endlich im Zimmer angekommen waren und ich mich aufs Bett legen konnte...
Mittwoch, der 15.08.
Dieser Tag stand für mich erst einmal im Zeichen von "mal schauen, was so geht". Wirklich viel definitiv nicht, das merkte ich schon auf dem Weg zur Metro. Der Fuß schmerzte immer noch fies, aber zumindest wollte ich mal gucken, wie weit ich so an diesem Tag komme.
Unser erstes Ziel sollten die Sperlingsberge und die Universität sein. Das imposante Hauptgebäude hatten wir ja schon bei der Flussfahrt sehen können. Nun wollten wir gerne etwas näher dran.
Also ab mit der Metro der Ringlinie bis zum Kulturpark und von da mit der Linie 1 bis zur Haltestelle Uniwersitet. Von hier war es nicht weit bis zu dem riesigen Gebäude, dem größten der Sieben Schwestern. Das Bauwerk ist übrigens deutlich größer, als es die Universität eigentlich gebraucht hätte. Daher sind auch heute noch Studenten- und Lehrpersonal-Wohnungen darin enthalten. Zudem ist es auch durch und durch mit neoklassizistischer Symbolik gestaltet, die Stern-Spitze wurde von Stalin selbst so gefordert.
Bei seiner Fertigstellung (1953) war das 240m messende Bauwerk das höchste Gebäude außerhalb von Nordamerika und wurde erst 1985 nach 32 Jahren von einem Hochhaus in Seoul übertroffen. Die runden Anzeigen an den 4 Nebentürmen sind übrigens nicht alles Uhren, sondern diverse Messanzeigen, z.B. Luftdruck, Temperatur oder Feuchtigkeit.
Von der Seite des Bauwerks wollten wir auf die Vorderseite, da Laufen bei mir fast wie erwartet nicht besser wurde, nahmen wir einen Bus. Bzw. eigentlich zwei Linien, da die eine in die falsche Richtung abbog. Statt 15min Fußweg (bei normalen Tempo) waren wir wohl etwa eine halbe Stunde unterwegs. Egal, wir hatten es ja nicht eilig.
Auf der Vorderseite wurden gerade die Parkanlagen hergerichtet, hier oben war nämlich die große Fanmeile zur WM und dadurch wohl recht viel zertrampelt. Auf dem Weg zum Aussichtspunkt Richtung Innenstadt kamen wir in einen ziemlich kräftigen Regenschauer, dank Schirmen und gleichzeitiges Unterstellen im Wäldchen neben der Parkanlage überstanden wir das aber auch. Deutlich besser als eine große chinesische Touristentruppe, die kurz vorher von einem Bus ausgespuckt wurde.
So schnell wie der Regen kam, zog er auch wieder Richtung City ab. Also noch einmal die Aussicht genießen und ein Panoramafoto dufte auch nicht fehlen.
Schade und doof für meinen Fuß, mussten wir nun zu einer Metrostation, statt über die Moskwa zum Luschniki-Stadion zu schweben.
Naja, in der nagelneuen "Bergstation" war immerhin schon ein Café geöffnet, so gönnten wir uns erst einmal ein Heißgetränk und schauten durch das große Fenster
Der Fußweg ging in weiten Kurven runter Richtung Fluss, so richtig schön war das nicht. Etwas Freude machte uns auf dem Weg aber ein gar nicht scheues Eichhörnchen, welches sich in einem in der Nähe stehendem Vogelhaus umsah. Bis auf etwa 1m kam das kleine Tierchen an uns heran. Leider bewegte es sich immer sehr hektisch, so dass kein wirklich gutes Foto drin war. Als sich eine kleine Personengruppe näherte, machte es sich dann aus dem Staub.
Ich wollte nun nur noch zurück, großartig weiter Herumlaufen ging einfach nicht mehr. Auf dem Rückweg zum Hotel gingen wir dann aber noch beim Supermarkt vorbei, unsere Vorräte auffrischen. Zudem kaufte Genia mir in einer Apotheke noch eine Salbe für meinen schmerzenden Fuß. Das Wetter blieb nun eh recht Wechselhaft, so wollten wir auf unser Zimmer.
Wie herrlich es war, nicht mehr auf den Füßen stehen zu müssen. Ich rieb den Fuß ordentlich mit der Salbe ein und dann entspannten wir auf dem Bett. Gutes Internet hatten wir ja hier im Hotel.
Bei Twitter laß ich dann eine Tweet von Kachelmannwetter, der eine ziemlich große Gewitterzelle in Anmarsch vermeldetet. Das sollte schon was heißen, sonst würde das kaum vermeldet werden.
Da Genia zum Abendessen Bliny (russische Pfannkuchen) aus einem Laden in der Nähe der Metrostation holen wollte, schlug ich vor, doch nun flott zu gehen, was sie auch machte.
Dummerweise war das Unwetter schneller als gedacht. Sie war noch nicht ganz 20min weg, da brach draußen wirklich die Hölle los. Es wurde düster wie am späten Abend, es Blitze und Krachte in einer Tour und der Himmel öffnete die Schleusen. Oh man, ich hoffe nur, Genia konnte sich irgendwo unterstellen.
Irgendwann eine ganze Zeit später kam sie dann. Zum Glück war sie beim Unwetter noch in dem Laden, sie wäre auf dem Weg aber beinahe von einem Auto überfahren worden. Wer die Verkehrsverhältnisse hier mal gesehen hat, bekommt es spätestens jetzt mit der Angst.
Nun ja, zum Glück alles noch einmal gut gegangen.
Die Bliny werden hier ähnlich gefaltet wie die uns bekannte französische Variante, Genia hatte eine kleine Sammlung mit verschiedenen Füllungen. Mit Schokocreme, Pilzfüllung und auch Caesar Salad mit Hähnchen. Besonders letzte Variante schmeckte absolut großartig!
Den Rest des Abends war dann Entspannung angesagt, vor allem für meinen Hinkefuß. Zudem beschloss ich auch, am nächsten Tag im Hotel zu bleiben, wenn der Fuß nicht besser wird.
Donnerstag, der 16.08.
Wie ich es am Vorabend befürchtet hatte, ging es meinem Fuß auch an diesem Tage nicht wirklich besser. Bzw. es ist sicherlich nicht dienlich, wenn ich wieder damit herumlaufe.
So frühstückten wir zusammen und danach zog Genia alleine los. Sie wollte zur Ausstellung der Errungenschaften der Volkswirtschaft (kurz: VDNKh), diese ist nicht weit von Ostankino entfernt. Was wir in erster Linie mit dem riesigen Fernsehturm in Verbindung bringen ist vielmehr ein Stadtteil, in dem die meisten Radio- und Fernsehstationen beheimatet sind. Zudem gibt es dort auch große Parkanlagen. Der Turm ist übrigens mit seinen 540m bis heute das höchste Bauwerk Europas und war das vom Bau im Jahre 1967 bis 1975 (dann kam der CN Tower in Toronto) sogar weltweit. Bis heute gibt es nur 4 höhere Türme.
Die VDNKh ist eine große Parkanlage mit vielen thematischen Pavillons aus Sowjetzeiten, am bekanntesten davon der zur Weltraumfahrt, dem heutigen Kosmonautenmuseum. Dort gib es z.B. die Kosmonautenallee mit Büsten u.a. von Juri Gagarin und das Denkmal für die Eroberer des Weltalls. Tja, hätte ich gerne gesehen, bedeutet aber halt auch wieder viele Fußwege, die gerade nicht so wirklich funktionieren. Schade...
Ich verweilte über den Tag hinweg im Bett, versorgte meinen lädierten Fuß immer wieder mit der Salbe und laß viel, schaute TV oder machte sonstwas im Internet. Wie schon eingangs mal erwähnt, wir hatten eine ziemlich gute WiFi-Verbindung im Hotel. Hin und wieder döste ich auch etwas vor mich hin oder studierte meine Motorradzeitschriften.
Genia meldete sich immer wieder mal und machte nun noch eine Metro-Tour. Es gibt ja zahlreiche sehr schöne Stationen, besonders an der Ringline. So einige hatte ich ja schon gesehen, aber halt bei weitem nicht alle sehenswerten. Immerhin bekam ich einige Bilder.
Generell noch etwas zur Metro. Wirklich Fahrpläne gibt es nicht (habe keine entdecken können), aber das ist bei dem Takt auch nicht nötig. der maximale Abstand zwischen zwei Zügen, den wir beobachten konnten (Freitag spät abends) waren 4min. Der Takt geht je nach Bedarf runter bis auf einer Minuten. Damit man in etwa ahnen kann, wie lange es noch dauert, gibt es an jedem Schienenausgang in den Tunnel eine digitale Anzeige. Dort wird angezeigt, wie lange die letzte Bahn schon weg ist. Immer beim 2-3 Wagen des herausfahrendes Zuges springt die Anzeige auf Null. An einem Morgen so gegen 9 Uhr hat es die Uhr bis 0:35min geschafft, bis die nächste Bahn in die Station einfuhr. Viele der Stationen sind zudem auch als Schutzbunker konzipiert, sie liegen also meistens sehr tief in der Erde. Deshalb auch die extrem langen und schnell fahrenden Rolltreppen. Im kalten krieg wurden viele Stationen zudem mit mächtigen, verschließbaren Stahltoren bestückt, um auch gegen Atomschläge zu schützen.
Im Zuge der steigenden Terrorgefahr (konkret geht es hier um Attentäter aus dem Kaukasus-Gebiet wie etwa Tschetschenien) durch die Autonomiebestrebungen in der Region und die militärische Reaktion Russlands gab es zudem auch erhöhte Sicherheitsvorkehrungen in der U-Bahn. In jeder Haltestelle gibt es eine kleine Polizeistation und generell sind viele bewaffnete Sicherheitskräfte im Einsatz. Ebenfalls gibt es an allen Eingängen Sicherheitsschleusen. Wann die so genau auslösen, hat sich mir nicht wirklich erschlossen. Ich musste häufiger mal meinen Rucksack geöffnet vorzeigen. Aber alle Mitarbeiten waren durchweg nett und freundlich.
Übrigens kommt man mit der Metro auch als auswärtiger Tourist bestens zurecht. Alle Beschriftungen wie Pläne, Linien oder auch Zielbahnhöfe sind auf neueren Schildern immer zweisprachig, also neben kyrillisch auch in lateinischer Schrift. Durchsagen ("Nächste Station") in den Bahnen sind in russisch und auch englisch. Also alles kein Problem. Das es in allen Zügen freies WiFi gibt, hatte ich wohl schon erwähnt.
Irgendwann im Laufe des Nachmittages wollte Genia dann zurück kommen und fragte wegen Essen nach. da es am Vortag so gut geschmeckt hatte, beschlossen wir noch einmal Bliny zu essen.
Freitag, der 17.08.
Schon war unser Abreisetag gekommen. Unser Zug sollte um 13:30 Uhr starten, somit hatten wir morgens keinen Stress und hatten genug Zeit, um alles in Ruhe einzupacken und auch noch genüsslich in der Küche zu frühstücken. Dann packten wir alles zusammen, gaben unseren Schlüssel ab und gingen langsam zur Metro. Mein Fuß schmerzte immer noch, aber ich hoffte doch, dass sich der freie Tag noch positiv auswirkt.
Wir fuhren zum Leningrader Bahnhof (den wir ja schon kurz besucht hatten) und ich machte eben dort noch eine Panoramaaufnahme.
Dann konnten wir endlich los. Wir hatten unsere Sitze in Wagen 4, ich war guter Hoffnung, hier im Kopfbahnhof nicht allzu weit auf dem Bahnsteig umherwandern zu müssen. Am Zug angekommen war der ersten Wagen dann (natürlich) nicht der mit der Nummer 1, sondern eine 20 lachte mich an. War ja klar...
16 Wagen weiter kamen wir dann zu unseren Sitzen im Sapsan. Bahnkenner sehen sofort die Ähnlichkeit zum ICE3 der DB, basiert die Velaro-Familie doch auf eben diesem.
Dann ging es auch pünktlich los. Wir hatten WLAN (auch das hier funktionierte die ganze Fahrt recht gut) am Platz und ich konnte meinen Fuß wieder schön ausstrecken. Obwohl wir recht schnell nach Verlassen des Bahnhofs Tempo aufnahmen, dauerte es noch gut 20min, bis wir Moskau wirklich verlassen hatten. Erneut wurde mir die Größe der Stadt bewusst.
Als wir dann doch endlich das Stadtgebiet verlassen hatten, fuhren wir durch sehr viel Landschaft, sehr weitläufige Birkenwälder und immer wieder an Flüssen und Seen vorbei. Hin und wieder gab es kleinere Siedlungen und auch Städte. Unterwegs wurde in Twer und Bologoje gestoppt, ansonsten gab es auf der knapp 4-stündigen Fahrt keine weiteren Haltepunkte.
Ich hatte vor der Reise erst überlegt, einen "normalen" Zu zu nehmen, der häufiger stoppt, um etwas mehr vom "russischen Landleben" zu sehen, aber mit 8h Fahrzeit wären wir da den ganzen Tag unterwegs gewesen. Zudem wäre der Reisekomfort sicher auch etwas auf der Strecke geblieben.
So fuhren wir meisten zwischen etwa 150 und 220 km/h durchs Land (übrigens deutlich schneller als meine Eltern auf ihrer Reise, sie waren damals (im gleichen Zug!) noch etwa 6h unterwegs. Beim Blick auf die weite, vorüber ziehende Landschaft kam auch bei uns nun an: Die Reise nach Moskau war zu Ende.
Nun geht es direkt weiter zum nächsten Städtebesuch in Sankt Petersburg!
Was bleibt?
Puuh, beeindruckende Stadt! Einmal natürlich durch die schiere Größe und deren Ausmaße. Dann durch den krassen Verkehr, auf der Straße und in der Metro unter der Erde. Natürlich bleibt alles Gesehene in toller Erinnerung: Der Kreml, die Flussfahrt auf der Moskwa und der Besuch in Moskau City. Leider machte mein Fuß nicht so recht mit, dadurch verpasste ich die VDNKh und zudem so einige der tollen Metrostationen. Alle Menschen, mit denen wir so zu tun hatten waren durchweg nett und freundlich, Genia hatte da aus ihren Erinnerungen hin und wieder einen anderen Ton erwartet. Aber die Zeiten sind auch hier wohl wirklich vorbei. Selbst als ich einmal in einer Metro-Station ein kleines Video drehte (verboten!) konnte die Angelegenheit, es ging um diese Uhr am Tunnelausgang) durch eine kurze Erläuterung erklärt werden. Auch als nicht russisch-sprachiger Mensch kann man sich inzwischen recht problemlos in der Stadt bewegen (zweisprachige Metro).
Auffällig ist hingegen wirklich noch, wie wenige "westliche" Touristen hier unterwegs sind. der große Anteil kommt nach wie vor aus Russland selber und aus ehemaligen Sowjetstaaten. Von Auswärts sind es hauptsächlich Chinesen.
Die umständlichen Reiseformalitäten sind da sicherlich nicht hilfreich, aber das größere Problem scheint da eher im Kopf zu sein. Klar ist auf jeden Fall: Es gibt sicherlich nicht viele Städte in Europa, die mehr zu bieten haben als Moskau, wenngleich oft halt noch eher anders.
Wer vielleicht noch etwas zweifelt aber interessiert an der Stadt ist -> hinfahren!
Es lohnt...
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